Mit Manuela De Palma, André Lorig und Elke Horner werden auch in diesem Jahr wieder drei von Rheuma betroffene Menschen ausgezeichnet, denen es gelingt, trotz ihrer Erkrankung fest im Berufsleben zu stehen. Auch ihre jeweiligen Arbeitgeber – der Baden-Württembergische Landesverband von PHYSIO-DEUTSCHLAND, die Agentur für Arbeit Saarland und die Musikschule Reinickendorf – werden als Preisträger geehrt und erhalten Urkunden. Das Preisgeld von je 3 000 Euro geht an die ausgezeichneten Arbeitnehmenden. Die feierliche Preisverleihung fand am 30. September 2023 in Berlin statt.
Bereits im 15. Jahr verleiht die Initiative RheumaPreis ihre gleichnamige Auszeichnung und lenkt damit die Aufmerksamkeit darauf, welchen Herausforderungen chronisch Kranke auf dem Arbeitsmarkt begegnen. Wie wichtig dieses Engagement ist, zeigt eine aktuelle Studie (1), nach der die Zahl der von einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung Betroffenen in den vergangenen Jahren noch einmal deutlich angestiegen ist. „Wurde die Zahl der Rheumakranken noch vor wenigen Jahren auf rund 1,5 Millionen geschätzt, geht man heute von bis zu 2,1 Millionen Betroffenen in Deutschland aus“, sagt Professor Dr. med. Matthias Schneider, Mitinitiator des RheumaPreises, vom Universitätsklinikum Düsseldorf. Das wären rund drei Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Eine tatsächliche Zunahme der Erkrankungen spiegelt das nicht notwendigerweise wider. „Vermutlich machen sich hier vor allem die verbesserte Frühdiagnostik und die generell längere Lebenserwartung bemerkbar“, so Schneider.
Die meisten Rheuma-Patientinnen und -Patienten erhalten heute ihre Diagnose in ihren Dreißigern oder Vierzigern. Sie stehen dann mitten im Berufsleben, zum Teil sogar noch in Studium oder Ausbildung. Während früher fast ein Viertel der Betroffenen innerhalb der ersten zehn Jahre nach der Diagnose die Erwerbstätigkeit aufgab, gelingt es heute deutlich mehr Betroffenen, im Berufsleben zu bleiben. „Einen Anteil daran hat – neben der effizienteren Therapie – sicherlich auch der offenere und selbstverständlichere Umgang mit chronischen Erkrankungen“, sagt Donata Apelt-Ihling, Schirmherrin des RheumaPreises, Diplom-Betriebswirtin und Unternehmerin. Diese Offenheit und Akzeptanz zu fördern, sei auch weiterhin das wichtigste Ziel des RheumaPreises. „Wenn Unternehmen sich für chronisch kranke Mitarbeitende einsetzen, senden sie ein starkes Signal für Rücksichtnahme und Integration – im Betrieb, aber auch in der Gesellschaft.“
Starke Vorbilder: die Gewinner des RheumaPreises 2023
Ein Leben ohne Beschwerden kennt Manuela De Palma nicht. Vor 55 Jahren kam sie mit einer infantilen Cerebralparese zur Welt, die bleibende Störungen im Haltungs- und Bewegungsapparat verursachte, vor allem eine linksseitige Lähmung. „Körperliche Einschränkungen und Schmerzen gehörten deshalb von jeher mit dazu“, sagt die Stuttgarterin, die trotz ihrer Einschränkungen eine Ausbildung zur Bürokauffrau und Übersetzerin für Englisch abschloss und unter anderem als Dolmetscherin arbeitete. Dass ihre Beschwerden auch wegen einer Psoriasis-Arthritis über die Jahre hinweg immer weiter zunahmen, wurde erst 2019 erkannt. Diese entzündlich-rheumatische Erkrankung verläuft in Schüben und äußert sich unter anderem durch Entzündungen der Haut und der Gelenke. Ihre bisherige Tätigkeit, die mit langem Sitzen und Publikumsverkehr verbunden war und wenig Raum für Erholungspausen ließ, konnte Manuela De Palma bald nicht mehr ausüben. Einen neuen Arbeitgeber fand sie im Baden-Württembergischen Landesverband von PHYSIO-DEUTSCHLAND, wo sie Verbandsmitglieder telefonisch und per Mail betreut. Hier hat sie ein tolles Team, kann ihre Arbeit frei einteilen und auch einmal einen Homeoffice-Tag einlegen. „So empfinde ich die Arbeit nicht mehr als Stress, sondern als willkommene Ablenkung von den Beschwerden“, sagt die Preisträgerin, und ihre Vorgesetzte Hannah Hecker ergänzt: „Manuela De Palma ist das beste Beispiel dafür, dass eine Berufstätigkeit trotz Rheuma sehr gut gelingen kann!“
41 Jahre alt war André Lorig, als er ernsthafte Rückenbeschwerden bekam, die dann bald als Morbus Bechterew erkannt wurden. Diese Rheumaform geht vor allem mit Entzündungen an der Wirbelsäule einher und verursacht Schmerzen, die häufig vom Lendenbereich ausgehen, sich zu Brust- und Halswirbeln ausbreiten und auch auf Schultern, Knie oder Hüfte übergehen können. Bei André Lorig war es jedoch eine hartnäckige Augenentzündung, die seine aufmerksame Augenärztin an eine Autoimmunerkrankung denken ließ. Damit der Morbus Bechterew auch bei anderen Betroffenen früh erkannt wird – im Schnitt vergehen noch immer sieben Jahre bis zur korrekten Diagnose –, engagiert André Lorig sich bei der Selbsthilfeorganisation Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew (DVMB). Dank einer wirksamen Biologika-Therapie und einer durchweg positiven Lebenseinstellung kann Lorig seinen Beruf als Teamleiter bei der Agentur für Arbeit Saarland ohne größere Einschränkungen ausüben. „Vor allem hilft mir die große Unterstützung, die ich von meiner Familie und von meinem Arbeitgeber erfahre. Ich musste nie Angst haben, nicht auf Verständnis zu stoßen“, sagt Lorig. Seine Offenheit und seine kommunikativen Fähigkeiten werden in der Agentur als äußerst positiv wahrgenommen, ebenso das Engagement, mit dem er über die Krankheit aufklärt.
Das Leben in den Mittelpunkt zu stellen und nicht die Krankheit – diesen Vorsatz hat Elke Horner gefasst, als sie mit den Beschwerden einer rheumatoiden Arthritis konfrontiert war. Die leidenschaftliche Musikerin konnte nach der Diagnose zwar noch ihr Schlagzeugstudium abschließen, die zunehmenden Beschwerden zwangen sie dann jedoch bald, ihr geliebtes Instrument aufzugeben. Heute spielt die mittlerweile 55-Jährige bei Auftritten Glockenspiel – ein Instrument, das nicht so viel Kraft erfordert. „Vielmehr gibt die Musik mir Kraft, Energie und Inspiration“, sagt sie. Als Musiklehrerin und Bandleiterin an der Musikschule Reinickendorf gibt sie diese Energie an Schülerinnen und Schüler weiter; dort wird sie wegen ihrer offenen und motivierenden Art sehr geschätzt, wie Jasper Mack, Fachgruppenleiter Schlaginstrumente betont. „Selbst wenn ich einmal spontan absagen muss, übt niemand Druck aus“, ist Elke Horner dankbar. Durch ihre Krankheit habe sie außerdem gelernt: Wenn etwas nicht mehr geht, tut sich immer eine andere Tür auf und es bieten sich neue Chancen.