Rosemarie Dziurdz malt, liest leidenschaftlich gern und hat einen fünfjährigen Enkel, für den sie Kinderbücher schreibt. Die 58-Jährige ist eine starke Frau und steht mit beiden Beinen im Leben. Stärke beweist sie auch im Umgang mit ihrer Krankheit: Sie ist eine von 1,5 Millionen Menschen, die in Deutschland an entzündlichem Rheuma erkrankt sind, und davon lässt sie sich nicht unterkriegen. Besonders wenn es um ihren Job als Bereichsleiterin Finanzen geht: "Klar hat man als Rheumatikerin nicht das große Los gezogen, aber das heißt nicht, dass man nicht produktiv sein kann." Für ihren Arbeitgeber, das Studentenwerk Berlin, nimmt sie mit dieser Einstellung eine Vorbildfunktion ein und ist ein gutes Beispiel dafür, dass man trotz der Krankheit seinen Beruf ausüben kann. Das bestätigt auch die RheumaPreis-Jury: Rosemarie Dziurdz ist RheumaPreis-Trägerin 2014.
Erst 1996, im Alter von 41 Jahren, erfuhr die Berlinerin von ihrer Krankheit. Die Diagnosen reichten von "Frostbeulen an den Händen" bis zu "Hexenschuss". Ein Internist schickte sie dann zum Rheumatologen, der bereits nach zehn Minuten erkannte: "Sie haben Rheumatoide Arthritis." Endlich hatte Rosemarie Dziurdz Gewissheit, was mit ihr los war. Es war ein Befund, mit dem sie so nicht gerechnet hatte: "Ich wusste nicht, dass man als junger Mensch Rheuma bekommen kann und musste mich erst einmal über das Krankheitsbild informieren." Dazu ist sie der Rheuma-Liga beigetreten, die sie bei den ersten Schritten begleitet hat: Ergotherapie, Beratungsgespräche und Patientenschulungen.
Besonders geholfen hat ihr der Kontakt zu anderen Betroffenen und die Tatsache, dass sie weiterhin ihren Alltag eigenständig bestreiten kann. "Mit der Möglichkeit, voll im Arbeitsleben zu stehen, bewahre ich mir meine persönliche Freiheit", erklärt Rosemarie Dziurdz. "Ich wünsche mir für die Zukunft, weiter mobil zu bleiben."
Bereits seit 36 Jahren ist sie beim Studentenwerk Berlin beschäftigt und geht dort ganz offen mit ihrer Erkrankung um. Sie hat ihre Vorgesetzten und Kollegen über die Krankheit, Symptome und damit verbundene Einschränkungen informiert und erfährt von allen Seiten Verständnis und Unterstützung. Rosemarie Dziurdz ist mit ihrer Krankheit zu einer untrennbaren Einheit geworden:
"Rheuma ist Freund und Feind gleichzeitig und man lebt in einer innigen Umarmung damit. Morgens weiß ich nicht, ob der Tag gut oder schlecht wird." Im Umgang mit ihren Mitarbeitern ist ihr klar geworden, dass Nicht-Betroffene darüber informiert werden müssen, in welcher Verfassung sie gerade ist. Gemeinsam mit den Kollegen wurde eine Lösung gefunden: Auf der Lampe über Rosemarie Dziurdz Schreibtisch steht ein Drache und wenn dieser zur Tür guckt wissen alle, dass sie keinen guten Tag hat und in Ruhe gelassen werden möchte. Persönlichen Gespräche werden dann auf einen anderen Tag gelegt und Rosemarie Dziurdz konzentriert sich auf die Aufgaben, die keinen direkten Austausch erfordern.
Auch helfen ihr Kollegen bei Botengängen sowie dem Tragen von Unterlagen und die Arbeitsplatzausstattung an die Erfordernisse der Rheumatikerin angepasst: Ein höhenverstellbarer Schreibtisch und Stuhl, ein zusätzlicher Stehschreibtisch, ergonomische Mäuse, und eine Umstellung der Arbeitsabläufe sorgen für Erleichterung.
Mit ihrer Teilnahme am RheumaPreis möchte Rosemarie Dziurdz auch andere Arbeitgeber motivieren, Menschen mit chronischen Krankheiten einzustellen: "Der Preis zeigt, dass man trotz Rheuma ein vollwertiges Mitglied der Belegschaft sein kann." Sie weiß auch schon, was sie mit dem Preisgeld machen möchte: "Ich werde mit meinen Mitarbeitern essen gehen. Meine Kollegen haben diesen Preis mitgewonnen, denn viele Sachen könnte ich ohne ihre Unterstützung nicht machen." Offen sein und mit dem Umfeld in einen transparenten Dialog treten – das möchte Rosemarie Dziurdz auch anderen Betroffenen mit auf den Weg geben. "Deutlich machen wo Grenzen sind, braucht Kraft und eine große Portion Selbstbewusstsein. Aber ‚Ja‘ und ‚Nein‘ sagen ist wichtig, um trotz Erkrankung ein produktives Leben zu führen."