Die 49-jährige Powerfrau aus dem niedersächsischen Wallmoden bei Goslar leidet unter Morbus Bechterew (ankylosierende Spondylitis), einer rheumatischen Erkrankung, die ihr bis zur Diagnose im Jahr 2017 nicht nur Jahrzehnte voller Schmerzen bereitete.
Der Morbus Bechterew hatte bis dahin auch schon zu dauerhaften Schäden am Haltungsapparat, wie zum Beispiel zu Verknöcherungen am Iliosakralgelenk, geführt. Selbst Organe wie der Darm und die Haut waren bereits angegriffen und chronisch entzündet. Muna Strobl ist alleinerziehende Mutter zweier Kinder und Heilpraktikerin für Psychotherapie mit eigener Praxis. Mit der Diagnose kamen plötzlich Existenzängste und eine große Verunsicherung, wie es weitergehen würde. Doch dann lernte Muna Strobl Antje Krause kennen, die Geschäftsführerin der Vorsorge-Reha-Klinik Haus Daheim in Bad Harzburg. Muna Strobl ging von Anfang an offen und transparent mit ihrer Erkrankung um; aber für Antje Krause war es selbstverständlich, dass Muna Strobl als Psychotherapeutin perfekt ins Team der Mutter-Kind-Kurklinik passen würde. „Als medizinische Vorsorge- und Reha-Klinik für erkrankte Mütter und ihre Kinder sind uns die vielfältigen kritischen Lebenslagen bekannt, unter denen Frauen leiden können“, erklärt die Geschäftsführerin. „In unserem fast reinen Frauenteam sind wir erst komplett, wenn wir ebenso wie unsere Patientinnen die Vielfalt der Gesellschaft abbilden. Und dazu gehören auch Menschen mit Beeinträchtigungen.“
Große Wertschätzung durch Arbeitgeberin
Zu Beginn ihrer Tätigkeit in der Klinik arbeitete Muna Strobl dort 20 Wochenstunden als Psychotherapeutin und verbrachte weitere 20 Wochenstunden in ihrer eigenen Praxis. Die Geschäftsführerin und die Kolleginnen brachten Muna Strobl von Anfang an stets großes Verständnis entgegen, dass sie aufgrund ihrer Beeinträchtigungen zeitliche Obergrenzen benötigt und weniger Überstunden machen kann. Gleichzeitig erlebte sie eine unglaubliche Wertschätzung von Seiten ihres Teams: „Frau Strobl ist auch für die psychosoziale Betreuung der Mütter zuständig“, berichtet die Geschäftsführerin Antje Krause. „Durch ihre eigene chronische Erkrankung hat sie einen besonderen Zugang zu Frauen mit schwerwiegenden Erkrankungen und Behinderungen.“ Dank ihrer hohen Reflektionsfähigkeit sei Muna Strobl in der Lage, die Trauer um den Verlust von Vitalität und Lebensleistung zu begleiten. Gleichzeitig gelänge es ihr, Kraft und Mut zu spenden, die vielseitigen Aspekte einer Erkrankung zu betrachten und eigene kreative Lösungswege zu entwickeln.
Berufsleben voller Lebensfreude
Mit kreativen Lösungswegen kennt sich Muna Strobl aus – und so geht sie mit mutigem Beispiel voran. Um zusätzlich die Pflege ihrer Mutter übernehmen und sich zu Hause um ihre Familie kümmern zu können, verkürzte sie die Arbeitszeit in ihrer Praxis. Doch an Stillstand in ihrem Berufsleben war nicht zu denken. So übernahm Muna Strobl in der Mutter-Kind-Klinik auf das Angebot ihrer Vorgesetzten hin verschiedene neue Aufgaben, begann nebenbei ein Fernstudium der Psychologie und rief ihren Selbsthilfeblog „Aufrecht mit Bechterew“ ins Leben. Darin schreibt sie offen über ihre Höhen und Tiefen mit Morbus Bechterew, wie sie ihre Erkrankung so in ihr Leben integrieren konnte, dass es wieder selbstbestimmt und voller Lebensfreude ist. Die Geschäftsführerin Antje Krause berichtet, dass einige Mitarbeiterinnen regelmäßig auf den Selbsthilfe-Seiten stöberten und so von Muna Strobls großer Expertise rund um das Thema Rheuma profitierten. „Wir sind aber natürlich besonders stolz auf unsere Mitarbeiterin, dass sie aus ihrem erfolgreichen Blog jetzt ein Buch gemacht hat“, sagt Antja Krause. „Es dient nicht zuletzt der Entwicklung unseres Unternehmens, gemeinsam mit Frau Strobl auf Überlastung zu stoßen und Gegenstrategien zu entwickeln.“
Anderen helfen als Energiequelle
Ein anspruchs- und verantwortungsvoller Beruf, eine eigene Praxis, die Pflege der Familie – und dann noch ein Buch? Wer Muna Strobl ungläubig fragt, wie viele Stunden ihr Tag habe, bekommt ein fröhliches Lachen zu hören. „Ich habe meine Leidenschaft zum Beruf gemacht“, sagt sie. „Anderen zu helfen, gibt mir so eine Genugtuung, dass ich sogar während meiner Arbeit Energie auftanke.“ Deshalb fiel es ihr auch leicht, die Anfrage nach einem Erfahrungsratgeber aufzugreifen und so ihr erstes eigenes Buch „Aufrecht mit Bechterew“ zu schreiben, das im September 2022 im Handel erscheint. „Ich möchte die Erkrankung aus meiner Sicht der Betroffenen erklären, vor allem aber auch Strategien darlegen, die mir und vielen anderen sehr geholfen haben.“ Damit wolle sie anderen Mut machen und ihnen ihre Möglichkeiten aufzeigen, gut mit der Erkrankung klarzukommen. Rheumapatientinnen und -patienten seien geübt darin, immer wieder mit neuen Herausforderungen umzugehen, so die 49-Jährige. Wichtig sei, selbstermächtigt zu sein, positive Veränderungen selbst einzuleiten und das Leben in die eigene Hand zu nehmen. Hilfe und Zuspruch von außen – sowohl im Beruf als auch im Privatleben – sind jedoch ebenfalls wichtige Kriterien. Sie genieße eine vorbehaltlose Unterstützung aus ihrer Familie und ihrem Freundeskreis. Und beim gemeinsamen Essen und Plaudern finde sie ebenso Entspannung wie beim Malen oder der Arbeit in ihrem großen Garten – auch dann, wenn die Sonne einmal so gar nicht scheint.
„Es sind also nicht nur die äußeren Rahmenbedingungen, die mir meine Berufstätigkeit ermöglichen, sondern vor allem auch die persönliche Haltung meiner Geschäftsleitung. So profitiere ich selbst auch davon, dass Frau Krause ein Team um sich versammelt hat, das Menschen grundsätzlich wertschätzend und offen begegnet, Stärken und Schwächen anerkennt und die Vorzüge jedes einzelnen Menschen in den Vordergrund stellt.“
Muna Strobl
"Der RheumaPreis ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg des außergewöhnlichen Engagements von Frau Strobl für bessere Lebensbedingungen und eine gesunde Lebensführung für sich und andere Betroffene. Wir freuen uns daher sehr über die Auszeichnung mit dem RheumaPreis."
Antje Krause, Geschäftsführerin der Vorsorge-Reha-Klinik HausDaheim, Bad Harzburg