RheumaPreis 2019

Im Folgenden stellen wir Ihnen die aktuellen sowie die Preisträger der vergangenen Jahre vor. Klicken Sie auf die Jahreszahl oder die Person, um mehr über unsere Preisträger zu erfahren.

Carolin Tödtmann

Carolin Tödtmann: „Trotz Krankheit – lebt eure Träume!“

Bereits in der Jugend litt Carolin Tödtmann unter Rückenschmerzen. Immer mal wieder „zwickte und zwackte“ es in der Wirbelsäule ohne erkennbaren Grund. Als Schülerin spielte sie leidenschaftlich Geige, wollte Musik studieren und in einem großen Orchester musizieren. Doch nach mehrstündigen Proben streikten zunehmend der Rücken und die Fingergelenke. Auch unter größten Anstrengungen gelang es ihr nicht, beim Geige-Spiel ihre Bogentechnik zu verbessern. Dass sie unter Morbus Bechterew leidet, ahnte die Trägerin des RheumaPreises damals nicht.

Carolin Tödtmann erhielt ihre Diagnose unmittelbar vor ihrem 30. Geburtstag. Statt des Musikstudiums hatte sie eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten begonnen und nach einer Fortbildung zur Verwaltungsfachwirtin beim Jobcenter des Kreises Herford begonnen. Die unerträglichen Schmerzen in der Wirbelsäule traten von einem Tag auf den anderen auf. „Der untere Rücken tat extrem weh und ich konnte nicht mehr sitzen“, erzählt sie. Die Ärzte vermuteten eine Blockade der Iliosakralgelenke. Carolin Tödtmann wurde arbeitsunfähig, wollte aber mit aller Kraft zurück an den Arbeitsplatz. Doch die Schmerzen verschlimmerten sich und der Wiedereingliederungsversuch scheiterte.

Verständnisvoller Arbeitgeber

Ihr Arbeitgeber aber zeigt von Anfang an großes Verständnis und signalisiert, dass sie sich Zeit für die Genesung nehmen soll. Als sie es nachts nicht vor Schmerzen aushält, bringt ihr Ehemann sie ins Krankenhaus in die Notaufnahme. Zwar sind keinerlei Anzeichen von Versteifungen der Gelenke oder Verkrümmungen der Wirbelsäule zu erkennen, doch sprechen die Ärzte erstmals eine Verdachtsdiagnose aus. Sie vermuten Morbus Bechterew – eine besondere Form des chronisch entzündlichen Rheumas, an der in Deutschland rund 340 000 Menschen leiden. Die entzündlichen Prozesse befallen häufig das Kreuz-Darmbein-Gelenk und die Wirbelsäule. Ihrem Arbeitgeber und den Kollegen erzählt die 37-Jährige von der Vermutung. Sie zweifelt nicht einen Moment, dass das von Nachteil sein könnte. Ihre Offenheit zahlt sich aus. Der Arbeitgeber stellt sofort einen höhenverstellbaren Schreibtisch zur Verfügung und richtet ihr im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) einen Telearbeitsplatz ein. Carolin Tödtmann: „Ich wurde von Beginn an eng von der BEM-Beauftragten und Schwerbehindertenvertrauensperson begleitet. In vertrauensvollem Rahmen wurde gemeinsam überlegt, wie mir der Arbeitgeber helfen kann, und dies an ihn herangetragen. Auch heute noch stehen die beiden jederzeit mit Rat und Tat an meiner Seite.“ Knapp drei Monate hält Carolin Tödtmann durch, dann geht nichts mehr. Unter starken Schmerzen geht sie erneut ins Krankenhaus. Nun sind auf den Röntgenbildern Veränderungen im rechten Iliosakralgelenk zu erkennen und die Verdachtsdiagnose bestätigt sich. Die junge Frau leidet an Morbus Bechterew.

Existenzängste belasten zusätzlich

Im Jahr 2013 beginnen die Ärzte mit einer Biologika-Therapie. Die Medikamente verschaffen zunächst Linderung, doch von einem stabilen Arbeitsalltag ist Carolin Tödtmann noch weit entfernt. Zwar schafft sie es nach einer Wiedereingliederung erneut, in Vollzeit zu arbeiten – doch die entzündlichen Prozesse in ihrem Körper werden wieder aktiv. Es folgt eine Therapieumstellung, unter der sie neurologische Ausfälle mit Kontrollverlust im rechten Bein entwickelt. „Ich wusste nicht, wie es weitergehen soll, und hatte nahezu keinen Anspruch mehr auf Krankengeld“, schildert sie ihre Existenzängste.

Der Durchbruch gelingt 2015 während eines Reha-Aufenthaltes. Nach Abklärung der neurologischen Probleme stellen die Ärzte sie auf ein anderes Biologika ein. Das Medikament drängt den Morbus Bechterew zurück. Carolin Tödtmann stabilisiert sich und kehrt im Rahmen einer siebenmonatigen Wiedereingliederung an den Arbeitsplatz zurück. „Seitdem bin ich nur noch phasenweise auf Schmerzmittel angewiesen und nicht wieder ins Krankengeld gerutscht“, ist sie glücklich. Sie versucht, in Bewegung zu bleiben, sich ausgewogen zu ernähren und Pausen einzuhalten. Die Erkrankung ist ein Teil von ihr geworden, der auch zur Weiterentwicklung beigetragen habe. „Durch Morbus Bechterew habe ich gelernt, gute Phasen bewusster zu genießen und auch in schlechten Zeiten Momente der Zufriedenheit zu finden“, sagt die willensstarke Frau, die sogar wieder Geige spielen kann. Ihr Rat an Betroffene: „Lebt eure Träume, setzt euch realistische Ziele und entwickelt Strategien, wie ihr sie erreichen könnt!“ Wichtig sei es, sich helfen zu lassen und sich nicht zu verkriechen.

Probleme konstruktiv ansprechen

Seit 2016 arbeitet die Hundebesitzerin beim Sozialamt des Kreises Herford und ist für „Hilfe zur Pflege in Einrichtungen“ zuständig. Den Stellenwechsel hat sie mit ihrem Arbeitgeber gut geplant. Ihr ergonomisch angepasster Arbeitsplatz verfügt über ein Headset sowie einen individuell angepassten Bürostuhl und bietet die Möglichkeit für Telearbeit. Außerdem hat Carolin Tödtmann ein Büro mit barrierefreiem Zugang im Hauptgebäude erhalten, das mit Aufzügen ausgestattet ist. Damit sie unnötige Wege vermeidet, steht ihr ein fester Pkw-Stellplatz in der Tiefgarage zur Verfügung. Durch eine Umstellung der Arbeitsorganisation wurde ihre individuelle Zuteilung von Neuanträgen auf 75 Prozent reduziert. Dieses Verteilsystem hat den Vorteil, in guten Phasen die Zuteilung unkompliziert erhöhen zu können. „So kann ich den Kollegen ein Stück von dem zurückgeben, was sie mir entgegenbringen“, sagt sie. Der Arbeitgeber wiederum sorgt durch personellen Ausgleich für die Gesundheitserhaltung der anderen Kollegen.
„Mein Ziel ist die 100-prozentige Belastbarkeit“, betont sie. Und weiter: „Die Kollegen sind sehr empathisch und signalisieren, dass ich in schwierigen Phasen Auszeiten nehmen kann.“ Somit kann sie regelmäßig Urlaub einplanen, Therapie- und Arzttermine auch in den Servicezeiten wahrnehmen. „Mit Kollegen im Gespräch bleiben und Probleme konstruktiv ansprechen – das kann ich nur allen Betroffenen raten.“ Eine Aussage, die Norbert Burmann vom Kreis Herford unterstreicht. „Wir sehen es als zwingende Aufgabe an, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben zu fördern und konkret auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter einzugehen“, sagt der Dezernent der Verwaltungsleitung. Carolin Tödtmann habe sehr offen über die Erkrankung gesprochen. Dadurch konnte ihr schnell geholfen werden. Dieses Vertrauen habe das Team mit großer, bereitwilliger Hilfe und Unterstützung erwidert. 

„Wir sind sehr stolz, dass die Stärke und der Mut unserer Kollegin mit dem RheumaPreis gewürdigt werden“.

Petra Ammann

Petra Ammann: "Glück im Unglück"

Seit sieben Jahren lebt Petra Ammann mit der entzündlichen Gelenkerkrankung, an der in Deutschland rund 500 000 Menschen leiden und die meist in Schüben verläuft. „Die Krankheit kam aus heiterem Himmel“, erinnert sich die Mutter eines erwachsenen Sohnes.

Zwar litt sie schon seit Jahren immer mal wieder an Steifigkeits- oder Schwellungsgefühlen der Hände und Füße, hatte am ganzen Körper Schmerzen und keine Kraft, eine Wasserflasche zu öffnen. Doch für eine entzündlich-rheumatische Erkrankung gab es aus medizinischer Sicht keinen einzigen Anhaltspunkt. Ihre diffusen Symptome und starken Schmerzreize sprachen eher für das Fibromyalgiesyndrom. Dieser Faser-Muskel-Schmerz kann den ganzen Körper betreffen, ohne dass tatsächlich eine Ursache zu finden ist.

Glück im Unglück

Doch Petra Ammann hat Glück im Unglück und erhält als Notfall in der Rheumatologie der Universitätsklinik Heidelberg sofort professionelle Hilfe. Unmittelbar nach den ersten Untersuchungen und Laborbefunden steht die Diagnose rheumatoide Arthritis fest. Petra Ammann erhält hoch dosiert Kortison – bereits am nächsten Tag kann sie wieder die Füße bewegen und laufen. Um die Entzündung wirksam zu hemmen, geben die Ärzte zusätzlich das Basismedikament Methotrexat (MTX) und Schmerzmittel. Schon nach einigen Wochen ist eine deutliche Rückbildung der Beschwerden und Krankheitszeichen zu erkennen. Ein völliges Ausschleichen der Medikamente war bislang jedoch nicht möglich. „Die Schmerzen kehren sonst sofort zurück“, sagt Petra Ammann.

Den Kopf in den Sand zu stecken, käme der zuversichtlichen Frau dennoch nicht in den Sinn. „Ich war oft sehr verzweifelt, fühlte mich durch die Krankheit in meiner Lebensqualität stark eingeschränkt und wertlos“, erzählt die Kurpfälzerin. Zukunftsängste quälten sie. „Innerlich habe ich einen zermürbenden Kampf geführt und mein Rheuma verflucht. Bis ich erkannt habe, dass ich diesen Kampf nur verlieren kann, wenn ich die Krankheit nicht als Teil von mir annehme“, sagt Petra Ammann. Ihr Motto lautet: „Ein Weg entsteht, wenn man ihn geht.“ Umso mehr freut sie sich über die Auszeichnung mit dem RheumaPreis 2019.

Gleichgesinnte suchen

Eine wichtige Stütze ist nach wie vor ihr Ehemann Peter, der ihr zu Hause viele Tätigkeiten abnimmt und stets für alle Sorgen ein offenes Ohr hat. Und natürlich andere Rheuma-Patienten, die Petra Ammann über die Rheuma-Liga und Selbsthilfegruppen kennen- und schätzen gelernt hat. „Ich empfehle jedem Rheuma-Patienten, sich Gleichgesinnte zu suchen“, betont sie. Durch die Gespräche, Patientenschulungen, Aufenthalte in Akut-Schmerzkliniken und Reha-Einrichtungen hat sie gelernt, mit der Rheuma-Erkrankung umzugehen. Sie weiß, dass Bewegung, Achtsamkeit und gesunde Ernährung wichtig sind. „Und ich habe erfahren, dass ich nicht allein mit einer chronischen Erkrankung bin“, sagt die 51-Jährige. Ihre Erfahrungen gibt sie mittlerweile an andere Patienten weiter. Sie betreut bei der Rheuma-Liga eine Wassergymnastikgruppe des Funktionstrainings und nimmt an dem Projekt „Patient Partner“ teil. Dort stellt sie angehenden Ärzten ihre Krankheitsgeschichte als Lehrmaterial zur Verfügung.

Dankbar ist Petra Ammann über die große Unterstützung ihres Arbeitgebers und der Kollegen. „Ich bin immer auf großes Verständnis gestoßen und mein Gesundheitszustand wurde zu jedem Zeitpunkt berücksichtigt“, sagt sie. Seit 1999 arbeitet Petra Ammann im Mercedes-Benz Werk Mannheim. Zunächst in der Werkskantine – doch langes Stehen war aufgrund der ursprünglich diagnostizierten Fibromyalgie nicht mehr möglich und sie fiel krankheitsbedingt immer häufiger aus. Als die starken Schmerzen 2009 immer schlimmer wurden, bot ihr der Arbeitgeber im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) eine Wiedereingliederung im Bereich „Verpackung und Verladung“ an. Petra Ammann ergriff die Chance, sich beruflich völlig neu zu orientieren. „Für diese Möglichkeit bin ich dem Unternehmen heute noch dankbar“, sagt sie. Als dann im Jahr 2012 rheumatoide Arthritis diagnostiziert wird und Petra Ammann über einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig ist, unterstützt der Arbeitgeber die Mitarbeiterin erneut. Die Schwerbehindertenvertretung im Mercedes-Benz Werk Mannheim leitet die entsprechenden Schritte für eine „Begleitende Hilfe am Arbeitsplatz“ ein, die nach dem Sozialgesetzbuch möglich ist. Durch die Umgestaltung ihres Arbeitsplatzes bessern sich die Beschwerden deutlich und Petra Ammann kann weiterhin ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen.

Im Berufsleben integriert

Sie bekommt einen verstellbaren ergonomischen Arbeitstisch mit einer integrierten Waage. Petra Ammann erspart sich dadurch schweres Tragen zur Abteilungswaage und vermeidet körperliche Anstrengungen. Als es ihr besser geht, möchte Petra Ammann ihre Arbeitszeit erhöhen und in ein Schichtsystem wechseln. Der Arbeitgeber bietet ihr an, die Umstellung in den Schichtbetrieb und die Arbeitszeiterhöhung eine Zeitlang in Ruhe zu testen. Inzwischen hat sie ihre Arbeitszeit von 22 auf 32 Stunden erhöht und arbeitet im Schichtsystem. „Meine Kollegen sind immer hilfsbereit und sind für mich da, wenn ich Hilfe benötige“, sagt sie. Knapp sieben Jahre nach dem ersten schweren Rheuma-Schub fühlt sich Petra Ammann im Berufsleben voll integriert und wertgeschätzt. Seit Kurzem ist die tatkräftige Mitarbeiterin im Büro der Schwerbehindertenvertretung im Mercedes-Benz Werk Mannheim ehrenamtlich tätig. Sie hat sich zur Wahl aufstellen lassen und wurde prompt zur zweiten Stellvertreterin gewählt. „Mir geht es wieder gut und ich möchte nun anderen Kollegen helfen“, sagt sie.

Darüber freut sich auch die Vorgesetzte von Frau Ammann, Karen Henne, Leitung Kompetenzzentrum Gießerei und Zentrallogistik:

„Die Umgestaltung des Arbeitsplatzes von Frau Ammann zeigt, dass wir durch Flexibilität und individuelle Lösungen am Arbeitsplatz viel erreichen können, denn unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die Basis unseres Erfolgs. Ihre Gesundheit steht für uns an erster Stelle und wir sind bestrebt, gerade auch im ergonomischen Bereich optimal zu unterstützen. Wir freuen uns daher sehr über den RheumaPreis 2019 und gratulieren Frau Ammann ganz herzlich!“

Jana Schmalisch

Jana Schmalisch: „Nach einem schlechten Tag kommt auch immer wieder ein guter.“

Jana Schmalisch ist ein fröhlicher Mensch: immer in Bewegung und gern unter Menschen, optimistisch und nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen. An manchen Tagen jedoch fühlt sich die Lehrveranstaltungs- und Prüfungsmanagerin der Universität Hamburg, als würde ihr förmlich der Wind aus den Segeln genommen. In diesen Phasen klagt die 43-Jährige über Schmerzen in den Gelenken, Händen und Füßen und im Rücken. Jeder Schritt tut weh, sie kann sich kaum bewegen und das Sitzen fällt schwer. Dann weiß die Mutter von zwei Kindern, dass „Herr Bechti mal wieder zu Besuch ist.“ Gemeint ist Morbus Bechterew. Seit zehn Jahren leidet die Gewinnerin des RheumaPreises unter der entzündlich-rheumatischen Erkrankung.

Rückblickend gab es für die chronisch verlaufende Krankheit bei der sportlichen Frau schon recht früh erste Anzeichen. Mit 15 Jahren schmerzten häufig der Rücken und die Knie und sie hatte das Gefühl, ihre Muskeln seien zu kurz. „Ich bin die Treppen oft nur rückwärts hochgelaufen“, erinnert sie sich. Schmerzen an der Wirbelsäule sowie Gelenkschwellungen und Entzündungen wurden auf das intensive Handballtraining des Teenagers zurückgeführt. Jahre später schoben die Ärzte die Schmerzen im unteren Rücken auf das schwere Geburtsgewicht ihrer Kinder. „An eine Rheuma-Erkrankung dachte niemand“, sagt Jana Schmalisch, die im Studienbüro Sozialökonomie an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg arbeitet.

Taubheits- und Gefühlsstörungen

Im Jahr 2009 ändert sich ihr Leben dramatisch. Nach einem Autounfall leidet Jana Schmalisch erneut an unerträglichen Rückenschmerzen, die nun in die Oberschenkel ausstrahlen. Beim Gehen kann sie den Fuß weder abrollen noch anheben. Als ein Orthopäde die Fußheberschwäche diagnostiziert, weist Jana Schmalisch bereits Taubheit- und Gefühlsstörungen im Fuß auf. Bei der Operation entdecken die Ärzte in ihrer Lendenwirbelsäule ein Wirbelgleiten (Spondylolisthese). Bei dieser häufigen Form der Wirbelsäuleninstabilität bewegt sich ein Gleitwirbel nach vorn über den darunterliegenden Wirbel. Eine operative Versteifung der Wirbel zur Stabilisierung gelingt im ersten Versuch nicht, da das Schraubensystem schon nach kurzer Zeit zerbricht. Jana Schmalisch wird erneut operiert und erhält nun einen Bandscheibenersatz aus Titan. „Ich musste das Laufen komplett neu lernen und war am Tiefpunkt“, erinnert sie sich. Nach insgesamt sechs Wirbelsäulen-Operationen musste sich die gelernte Hotelfachfrau aus Freital bei Dresden eingestehen, dass sie den körperlichen Belastungen in der Gastronomie nicht mehr gewachsen ist. Sie verabschiedet sich vom Traum, mal ein eigenes Bistro oder Restaurant leiten zu können, und orientiert sich neu. Doch die gerade begonnene Umschulung zur Kauffrau für Bürokommunikation muss sie aus gesundheitlichen Gründen abbrechen. Der Rücken macht nicht mehr mit, die Schmerzen sind zu stark. Als ein Arzt hoch dosiertes Kortison in ihre Iliosakralgelenke (ISG) spritzt, geht es ihr bereits am nächsten Tag besser. Der Verdacht, es könne sich um eine entzündliche Erkrankung handeln, bestätigt sich bei der weiterführenden Untersuchungsdiagnostik in der Rheumatologie. Sowohl die Entzündungswerte als auch die nun sichtbaren ISG-Versteifungen waren auf Morbus Bechterew zurückzuführen. Die Ursache der Beschwerden war endlich gefunden.

Leben nach dem Achtsamkeitsprinzip

Mithilfe von Medikamenten aus der Gruppe der Biologika konnte sie ihre kaufmännische Umschulung erfolgreich abschließen und später im Lehrveranstaltungsmanagement der Technischen Universität Dresden arbeiten. Parallel absolvierte sie ein Fernstudium zum Wirtschaftsfachwirt. „Ich habe gelernt, mit der Krankheit umzugehen und jeden Augenblick in meinem Leben zu genießen“, erklärt die Preisträgerin. „Ich lebe nach dem Achtsamkeitsprinzip und sauge die kleinen, schönen Momente auf, von denen ich in schlechten Phasen zehre“, sagt Jana Schmalisch. Sie engagiert sich in der Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew (DVMB), berät Betroffene und organisiert Selbsthilfe-Treffen, vor allem für das Frauennetzwerk (www.frauen-bechterew.de). Ihr Rat an andere: „Bloß nicht resignieren, lebt im Hier und Jetzt und schaut nach vorn! Denn nach einem schlechten Tag kommt auch immer wieder ein guter.“ Regelmäßige Wassergymnastik, Spaziergänge und viel Bewegung gehören zu ihrem Alltag. „Täglich mindestens mehrere tausend Schritte“, so das Motto. Das gelingt ihr auch an ihrem neuen Arbeitsplatz, den sie Ende letzten Jahres an der Universität Hamburg angenommen hat und der ihr als Lehrveranstaltungs- und Prüfungsmanagerin viel Abwechslung bietet. Hier ist sie für den gesamten Termin- und Raumplanungsprozess von über 200 Lehrveranstaltungen zuständig, berät die Studierenden am Telefon und in persönlichen Sprechzeiten, gibt Lehrenden in relevanten studienorganisatorischen und prüfungsrechtlichen Fragen Auskunft und bearbeitet Anträge und Studienbescheinigungen.

Große Unterstützung im Arbeitsteam

Sie fühlt sich wohl bei der Arbeit und freut sich über die großartige Unterstützung von Vorgesetzten und Schwerbehindertenvertretung sowie Kollegen. Sie bekam einen höhenverstellbaren Schreibtisch und angepassten Bürostuhl, einen Steh- und Sitzarbeitsplatz, zwei größere Bildschirme sowie ergonomische Arbeitsutensilien. Da Jana Schmalisch aufgrund ihrer geschwollenen Hände und Versteifungen der Gelenke manche Aufgaben wie das Kuvertieren von Umschlägen schwerfallen, übernehmen Kollegen diese Tätigkeiten. Bestimmte Aufgaben kann sie im Home-Office erledigen. „Durch vertrauensvolle Abstimmung in regelmäßigen Terminen versuchen Jana Schmalisch und ich, ihre gesundheitlichen Entwicklungen im Blick zu behalten und stets einen Aufgabenzuschnitt zu gewährleisten, in dem sie ihre Kompetenzen und Fähigkeiten voll einbringen kann“, sagt Manuel Schröder, kommissarischer Leiter des Studienbüros Sozialökonomie.

„Ich schätze Jana Schmalisch als hoch motivierte Mitarbeiterin, die sich nicht durch ihren ,Bechti‘ unterkriegen lässt und sich stets neue Ziele setzt und neuen Herausforderungen stellt.“