Preisverleihung 2021

 

Drei Arbeitnehmende und ihre Arbeitgebenden für individuelle Arbeitsplatzlösungen ausgezeichnet

Die Initiative RheumaPreis hat am 21. August drei Unternehmen und ihre Arbeitnehmenden ausgezeichnet. Mit dem RheumaPreis 2021 würdigt die Initiative bereits zum dreizehnten Mal die gelungene Integration von Menschen mit Rheuma am Arbeitsplatz. Der mit 3.000 Euro verbundene Preis geht jeweils an den Arbeitnehmenden, die Arbeitgebenden erhalten eine Urkunde. Im Rahmen der feierlichen Verleihung in Berlin wurden auch die Preisträgerinnen des vergangenen Jahres und ihre Arbeitgebenden geehrt. Coronabedingt konnte 2020 keine Feier stattfinden, in diesem Jahr nur in einem sehr kleinen Teilnehmerkreis. Eine Aufzeichnung der Preisverleihung ist daher in Kürze hier abrufbar.

Anliegen des RheumaPreises: Hindernisse gemeinsam bewältigen

„Beruflich gemeinsam in Verantwortung“ lautete das Motto für den RheumaPreis in diesem Jahr. Damit macht die Initiative RheumaPreis darauf aufmerksam, dass sowohl Arbeitnehmende als auch Unternehmen sich für eine berufliche Teilhabe für Menschen mit Rheuma engagieren sollten. In Deutschland sind etwa 1,5 Millionen Menschen von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen betroffen. Ein Großteil ist zum Zeitpunkt der Diagnose im erwerbsfähigen Alter. „Obwohl heute wirksame medikamentöse Therapien sowie eine individuelle Arbeitsplatzgestaltung dazu beitragen, dass Arbeitnehmende mit Rheuma langfristig berufstätig sein können, stehen Betroffene oftmals vor Hindernissen oder sehen sich mit Vorurteilen konfrontiert“, erklärt Professor Dr. med. Matthias Schneider, Mitinitiator des RheumaPreises vom Universitätsklinikum Düsseldorf.

Der RheumaPreis zeichnet daher Beispiele mit Vorbildcharakter aus, die zeigen, wie Arbeitnehmende und Arbeitgebende gemeinsam erfolgreich diese Hindernisse abgebaut haben. Je nach Beeinträchtigung durch die Krankheit helfen dabei bereits kleinere Änderungen wie eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit oder ergonomische Hilfsmittel, manchmal ist auch eine berufliche Umorientierung beim gleichen Unternehmen die Lösung. „Wir gratulieren Adriana Anders, Kerstin Mahr, Achim Rinderle und ihren Arbeitgebenden ganz herzlich zum RheumaPreis 2021 – und auch nochmals den Preisträgerinnen des RheumaPreises 2020, Mona Heyen und der Kerckhoff Klinik Bad Nauheim, Julia Jacobi und den MEDICLIN Kliniken Bad Wildungen sowie Carolina Iazzetta Alves, die selbständige Übersetzerin ist. Sie alle zeigen: Es ist möglich, beruflich gemeinsam Verantwortung zu übernehmen!“, so Professor Schneider.

Inspirierende Vorbilder: Die Preisträger 2021 und ihre Berufswege

Adriana Anders ist Altenpflegerin mit Leib und Seele. Die gebürtige Rumänin arbeitet seit über 20 Jahren im Altenzentrum Hospital in Bad Hersfeld und kümmert sich leidenschaftlich gerne um „ihre Bewohner“. Ihr Beruf ist Berufung und so geht sie trotz starker Schmerzen in den Händen und Fingern, dem brennenden Gefühl und der Steifheit ihrer Gelenke täglich mit einem Lächeln zur Arbeit. Im Jahr 2009 erleidet sie einen Bandscheibenvorfall und 2014 erfolgt die Diagnose: Adriana Anders leidet unter rheumatoider Arthritis (RA), einer chronischen Gelenksentzündung. „Die Ärzte sagten mir damals, dass ich meinen Job als Altenpflegerin nicht mehr ausüben könne, da ich andernfalls Gefahr laufen würde, im Rollstuhl zu landen.“ Für Kornelia Knierim, die Pflegedirektorin des Altenzentrums, war es selbstverständlich, ihre Mitarbeiterin zu unterstützen: „Frau Anders ist immer für andere da und gibt ihr Bestes. Sie ist in unserer Einrichtung nicht mehr wegzudenken.“ Nachdem Adriana Anders offen mit ihr über die Diagnose gesprochen hatte, bekam sie das Angebot, ab sofort als Betreuungskraft für die Bewohner des Altenzentrums zu arbeiten. Seitdem kocht die heute 50-Jährige beispielsweise zusammen mit den Seniorinnen und Senioren, sie singen und musizieren. Adriana Anders ist dankbar für ihr neues Tätigkeitsfeld und die Bereitschaft ihres Arbeitgebers, auch weiterhin passende Aufgaben für sie zu finden – so wurde ihr zuletzt vorgeschlagen, die Hälfte ihrer Arbeitsstunden in der Tagespflege zu verbringen. Die Tagesgäste befinden sich alle auf einer Etage und sind somit leichter zu erreichen.

Als die 22-jährige Kerstin Mahr im Jahr 1997 als Fremdsprachensekretärin bei dem Telekommunikationsdienstleister Colt Technology Services GmbH in Frankfurt einstieg, litt sie bereits unter Schmerzen in der Wirbelsäule und in den Hüften, längeres Sitzen oder Stehen bereiteten ihr Probleme. Erst drei Jahre später erhielt die junge Frau ihre Diagnose: Morbus Bechterew, eine Form des chronischen und entzündlichen Rheumas, sowie eine beidseitige Hüftgelenksarthrose. „Es war sehr schwer für mich, die Diagnose zu akzeptieren und mich von meinem bisherigen Leben, zu dem auch ein eigenes Pferd und ein Reiterfreundeskreis gehörten, zu verabschieden“, erzählt die heute 46-Jährige. Bei ihren Vorgesetzten traf Kerstin Mahr damals sofort auf Verständnis. Sie erhielt einen ergonomischen Bürostuhl und einen elektronisch höhenverstellbaren Schreibtisch, eine flexible Einteilung der Arbeitszeit und Homeoffice-Tage wurden ermöglicht. „Die Erhaltung der Gesundheit hat einen hohen Stellenwert für uns“, sagt Corinna Greis, Personalchefin und Country Managerin bei Colt Technology Services dazu. „Wir fördern und leben eine inklusive Kultur, in der wir unsere Mitarbeitenden in jeder Situation bestmöglich unterstützen.“ So war es auch selbstverständlich, dass sich Kerstin Mahr innerhalb des Unternehmens weiterentwickeln konnte: „Heute bin ich staatlich geprüfte Betriebswirtin und als Account Managerin im Vertrieb tätig“, erzählt die Rheumatikerin.

Achim Rinderle ist Anfang 20, ein Vollblutmusiker, lebensfroh und voller Energie. Er lebt in Hildesheim und geht von dort aus immer wieder auf Tour. Doch plötzlich: ein Hexenschuss, heftige Schmerzen in Wirbelsäule und Hüften. Im Alter von 24 Jahren erhält er die Diagnose Morbus Bechterew: „Es hat ein paar Jahre gedauert, bis ich realisiert hatte, dass der Bechti zu mir gehört“, erzählt der Musiker heute. „Und jetzt, ziemlich genau 25 Jahre später, bin ich sogar dankbar für diese Notbremse. Wenn ich weiter so durchgepowert hätte, vielleicht hätte ich dann schon Burnout?“ Heute lebt Achim Rinderle im ländlichen Allgäu und genießt die Ruhe. Die Live-Auftritte seien hier lokaler und auch seltener, aber dafür liebt er seine Tätigkeit als Lehrer für Klarinette und Saxophon an der Musikschule Oberallgäu-Süd. „Ich bin so froh, dass ich mein Wissen, mein Können und meine Liebe zur Musik weitergeben darf und dafür bekomme ich so viel zurück!“ sagt er. Die Leiter der Musikschule, aber auch die Kollegen und seine Schüler brächten ihm immer Verständnis entgegen. „Sie sehen nur meine Fähigkeiten und nicht meinen Buckel!“ So war es auch selbstverständlich, dass er den Unterricht im Erdgeschoss der Musikschule abhalten konnte, als ihm das Treppensteigen starke Schmerzen bereitete. „Wir unterstützen natürlich, wo immer es nötig ist“, sagt Tobias Heinrich, musikalischer Leiter der Musikschule Oberallgäu-Süd. „Aber Herr Rinderle hat so ein offenes und positives Auftreten, dass seine Krankheit gar keine Chance hat, Hauptthema zu werden.“

Ausführliche Informationen zu den Preisträgerinnen und ausgezeichneten Unternehmen des vergangenen Jahres, die ebenfalls an der feierlichen Preisverleihung teilgenommen haben, finden Sie hier.

Berufliche Teilhabe trotz Rheuma: Ein Gewinn für alle

Alle ausgezeichneten Berufswege zeigten den Mut und die Offenheit der Betroffenen sowie das Verantwortungsbewusstsein der Unternehmen. „Wir wünschen uns, dass diese Beispiele viele Menschen mit Rheuma und ihre Arbeitgebenden inspirieren – denn beide Seiten können nur gewinnen, wenn sie gemeinsam Verantwortung übernehmen“, betont Donata Apelt-Ihling, Schirmherrin des RheumaPreises, Unternehmerin und Vorständin des Arbeitgeberverbandes Baden-Württemberg: „Arbeitgebenden bleiben oftmals mit bereits kleineren Anpassungen am Arbeitsplatz bewährte und hochmotivierte Mitarbeitende erhalten, den Betroffenen mit dem Erhalt ihres Arbeitsplatzes ein großes Maß an Selbstbestimmung und Lebensqualität.“