Janine Wallasch

Janine Wallasch und Stadt Nürnberg

„Früher bin ich oft geknickt gewesen und hatte das Gefühl, gegen Mauern zu rennen. Aber irgendwann hat mich das nur noch stärker gemacht und dann rennt man die Mauern einfach ein“

sagt Janine Wallasch. Die Nürnbergerin ist seit ihrem 16. Lebensjahr an rheumatoider Arthritis erkrankt und seit einigen Jahren auf den Rollstuhl angewiesen. Trotzdem hat sie sich durch ihre Erkrankung nicht entmutigen lassen: „Ich habe mein Leben ganz normal gelebt, wie jeder andere auch. Und wo ich Probleme hatte, musste ich halt anpacken und gegensteuern.“

Und das hat sie getan: angepackt und gegengesteuert. Schon in der Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten hielt die heute 27-Jährige vor der ganzen Berufsschulklasse einen Vortrag über ihre Erkrankung, um Vorurteilen offensiv zu begegnen und ihre Mitschüler zum Umdenken zu bewegen. Seit drei Jahren arbeitet Frau Wallasch nun bei der Stadt Nürnberg, zunächst im Steueramt und seit einem dreiviertel Jahr beim Jugendamt im Amt für Ausbildungsförderung. „Bei meiner jetzigen Dienststelle habe ich nur positive Erfahrungen gemacht, weil wir bei uns intensiv das Gespräch miteinander suchen“, berichtet sie. Auch wenn es ihr einmal nicht so gut geht, versucht sie, so viel zu schaffen, wie es ihr möglich ist. Und wenn Janine Wallasch an einem Tag früher gehen muss, nimmt sie Gleitzeit, um eine Krankschreibung zu vermeiden.

Frau Wallasch weiß, dass sie mit ihrem Arbeitsplatz viel Glück gehabt hat. Rheumatiker in anderen Betrieben haben mit mehr Problemen zu kämpfen: „Viele Arbeitgeber und Kollegen haben Angst, dass ein chronisch Kranker oft ausfällt, nicht so leistungsfähig ist oder schnell auf Teilzeit umstellt.“ Doch sie ist sicher: Wer wie sie ihre Leistungsbereitschaft zeigt und auch an schlechten Tagen in die Dienststelle geht, kann dem Chef und den anderen Kollegen diese Ängste nehmen. „Mir wird dann gesagt: ‚Schön dass du da bist’. Es erwartet dann niemand vollen Einsatz, aber ich mache trotzdem meine Arbeit.“

Vom RheumaPreis hat Janine Wallasch im Internet erfahren. Als dann noch die Integrationsbeauftragte der Stadt Nürnberg auf sie zukam und fragte, ob sie nicht teilnehmen wolle, entschied sie sich zu einer Bewerbung. Denn schließlich hat die Stadt Nürnberg in Kooperation mit dem Arbeitsamt viele Maßnahmen umgesetzt, die ihr den Arbeitsalltag erleichtern: Von elektrischen Türöffnern, über ein behindertengerechtes WC bis hin zu einem höhenverstellbaren Schreibtisch und einem an ihre Bedürfnisse angepassten Bürostuhl. „Außerdem nehmen mir mein elektrischer Spitzer, Tacker und Locher, mein Multifunktionsgerät mit Kopierer und mein Headset viele sonst schmerzhafte Bewegungen ab.“

Mit ihrer Teilnahme wollte Frau Wallasch das Thema Rheuma bei jungen Leuten stärker publik machen. Seit einiger Zeit wirkt sie selbst an einer Homepage für junge Rheumatiker mit (www.youngrheumis.de). „Ich habe den RheumaPreis zum Anlass genommen, Fotos von einem ordentlich ausgestatteten Arbeitsplatz auf die Homepage zu stellen, und so gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.“

Als sie von ihrem Gewinn erfuhr, war Frau Wallasch überrascht: „Ich konnte es gar nicht realisieren, auch jetzt noch nicht so richtig. Meine Eltern haben sich total gefreut. Und mein Freund hat gesagt, er ist stolz auf mich und darauf, wie ich alles meistere“, erzählt sie begeistert. Anderen Rheumatikern rät sie, den Alltag positiv anzugehen und nicht nur an die Erkrankung zu denken.

„Und wenn man irgendwo nicht zurecht kommt, sollte man den Mund aufmachen und mit dem Arbeitgeber das Gespräch suchen.“

Für ihre berufliche Zukunft wünscht sich Frau Wallasch, die berufliche Karriereleiter weiter nach oben zu klettern: „Das wird auch noch mal ein Kampf, weil die Leistungsfähigkeit immer im Vordergrund steht und diese bei einem chronisch Kranken in Frage stellt wird. Aber ich denke, man hat da auch viel selber in der Hand.“ Und Frau Wallasch wird ihren Arbeitgeber mit ihrer Kraft und ihrem Mut sicherlich von ihren Fähigkeiten überzeugen, so wie sie auch die Jury des RheumaPreises von ihren außergewöhnlichen Leistungen überzeugt hat.

Patricia Strohm

Patricia Strohm

„Nach der Diagnose habe ich nicht mehr damit gerechnet, dass ich wieder voll am Erwerbsleben teilnehmen kann“

erzählt die 32-jährige Patricia Strohm. Dabei fing die Karriere der Diplom-Designerin aus Eislingen vielversprechend an.

Nach ihrem Kommunikationsdesign-Studium in Nürnberg bekam Frau Strohm im Oktober 2004 ihren ersten Job in einer kleinen Werbeagentur. Doch schon im nächsten Jahr hatte sie plötzlich so starke Schmerzen, dass sie sich krankschreiben lassen musste. Die Ärzte stellten bei ihr das SAPHO-Syndrom fest, eine seltene Krankheit aus dem Formenkreis der rheumatischen Erkrankungen. Nach vier Wochen machte der Betrieb nicht mehr mit: „Mein damaliger Arbeitgeber hat mir gekündigt, offiziell aus betrieblichen Gründen, aber inoffiziell, weil ich so lange krank war“, berichtet sie. Und das, obwohl Frau Strohm offen mit ihrer Chefin über ihre Erkrankung und deren Auswirkungen gesprochen hatte.

Zwei Jahre Berufsunfähigkeit folgten. Doch mit der Zeit verbesserte sich dank einer neuen Medikation Frau Strohms gesundheitlicher Zustand und die Beschwerden klangen langsam ab. So wuchs die Kraft, neue berufliche Pläne zu schmieden: „Erst begab ich mich auf die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz. Mir wurde aber schnell klar, dass ich mich nach zwei Jahren ohne Job als Grafikerin erst einmal weiterbilden musste, um meine Kenntnisse aufzufrischen.“ Nach einer dreimonatigen Weiterbildung setzte sie ihre Bewerbungsphase fort. Doch leider mit nur mäßigem Erfolg, vielleicht auch, weil sie in den Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen ihre Erkrankung thematisierte: „Die Suche war sehr schwierig. Es hieß immer, ich sei nicht in die engere Wahl gekommen. Warum wurde mir nicht genau gesagt. Wahrscheinlich haben sie mir nicht zugetraut, dass ich jeden Tag 8, 9 Stunden oder länger in der Werbeagentur sitze. Die Arbeitszeiten in der Branche sind ja auch etwas ausgedehnter“, so Frau Strohm.

Also, was tun? Besonders ihr Lebenspartner hatte Patricia Strohm in schwierigen Phasen immer unterstützt. Genau einen Tag, bevor das Rheuma bei ihr ausbrach, hatten sie sich kennengelernt. Dadurch hat er den gesamten Krankheitsverlauf miterlebt und ihr immer beigestanden. Als er ein Haus kaufte und die Mieter im Erdgeschoss des Hauses auszogen, kam das Paar auf die zündende Idee, Frau Strohm den Arbeitsplatz einfach selbst in den eigenen Wänden zu schaffen: „Wir haben beschlossen, ein Büro einzurichten. So konnte ich mich mit Hilfe der Arbeitsagentur selbstständig machen und von nun an freiberuflich arbeiten.“ Nachdem das Erdgeschoss renoviert und die Einrichtung nach Frau Strohms individuellen Bedürfnissen umgestaltet war, konnte es losgehen. Heute arbeitet die Diplom-Designer erfolgreich und zufrieden in ihrem nicht nur funktionalen, sondern auch besonders schönen Büro: Wie es sich eben für ihren Berufsstand gehört.

Vom RheumaPreis hat Frau Strohm über ihren Lebensgefährten erfahren, der durch Zufall im Internet auf die Webseite gestoßen ist: „Er hat zu mir gesagt: ‚Ich habe da was entdeckt, bewirb Dich doch mal!’“ Erst war sie noch skeptisch, weil sie sich als Selbstständige keine Chance auf einen Gewinn ausrechnete. Schließlich sollten Arbeitnehmer zusammen mit ihren Arbeitgebern für außergewöhnliche Lösungskonzepte ausgezeichnet werden. „Ich bin zwar sehr aktiv als Ansprechpartnerin für junge Rheumatiker bei der Rheuma-Liga Baden-Württemberg, aber bei der Bewerbung war ich erst zögerlich. Zum Glück hat mir mein Lebensgefährte einen kleinen Tritt in den Hintern gegeben.“ Und es hat sich gelohnt, denn Patricia Strohm wurde vom Gesundheitsunternehmen Abbott der „Abbott RheumaPreis für besonderen Mut“ verliehen: „Es freut mich sehr, ich kann es wirklich noch nicht fassen, bin sprachlos, dass gerade ich als Freiberufliche auch berücksichtigt werde, zumal sicherlich viele Arbeitgeber auch größere Projekte zum Thema Rheuma am Arbeitsplatz haben“, sagt sie.

Für ihre berufliche Zukunft wünscht sich Frau Strohm vor allem, dass sie so weitermachen kann wie bisher: „Ich hoffe, dass mein Gesundheitszustand gut bleibt und dass ich mit dem, was ich mir aufgebaut habe, auch weitermachen kann, wenn es gesundheitlich schwieriger wird.“ Und was sie mit dem Preisgeld macht? Das investiert sie als Unternehmerin natürlich in ihr eigenes Büro.

Karin Schmitt

Karin Schmitt und Michael Spielvogel

Auf die Frage, was sie sich für ihre berufliche Zukunft wünscht, antwortet Karin Schmitt mit zufriedener Stimme: „Dass alles so bleibt, bis ich freiwillig in Rente gehe!“

Ein Satz, den man nicht sehr oft hört, wenn Menschen über ihre berufliche Zukunft sprechen – und der nicht nur aus diesem Grund überraschend ist. Denn die Situation von Karin Schmitt ist eine besondere – sie hat Rheuma, genauer gesagt rheumatoide Arthritis. Bis zu dieser Diagnose war es ein langer Weg, gepflastert mit Schmerzen, Unsicherheit und unzähligen Arztbesuchen. Jahrelang wussten die Ärzte nicht, was der 54-Jährigen wirklich fehlt und konnten keine entsprechende Behandlung einleiten. In einer Klinik wurden schließlich die Rheumawerte untersucht – und nach knapp vier Jahren Ungewissheit stand die Diagnose Rheuma fest. „Am schlimmsten war für mich, dass ich nicht mehr alles machen konnte, was ich wollte – das muss man psychisch erstmal verarbeiten“, erklärt Frau Schmitt.

Seit mittlerweile zehn Jahren arbeitet die Hotelfachfrau in einer Autobahnraststätte an der A5. Ihre Arbeitseinstellung beschreibt Frau Schmitt mit „Hans Dampf in allen Gassen“. Doch als sich geschwollene Gelenke und Schmerzen bei Belastung negativ auf ihre Arbeitsleistung auszuwirken begannen, geriet Frau Schmitt in eine schwierige berufliche Situation. Schnell wurden Chef und Kollegen auf die Veränderungen aufmerksam. Fehlzeiten und eingeschränkte körperliche Belastbarkeit machten Frau Schmitt zu einer gefühlten Belastung. „Der Chef wollte mich loswerden“, beschreibt die langjährige Mitarbeiterin die damalige Situation – und er versuchte dies schließlich auch. Die ausgesprochene Kündigung musste die Geschäftsleitung jedoch aufgrund des zwischenzeitlich beantragten Schwerbehindertenausweises der Arbeitnehmerin zurücknehmen.

Entspannung erfuhr die Situation, als ein neuer Geschäftsführer die Raststätte übernahm und Interesse für die Hintergründe seiner Arbeitnehmer zeigte. Er erkannte den Wert der langjährigen Erfahrung von Frau Schmitt und zeigte Bereitschaft, auf ihre Probleme, beispielsweise bei der Schichtarbeit oder im Service, einzugehen. Die Lösung in diesem Fall: Frau Schmitt wurde befördert. Sie erhielt eine freiwerdende Position in der Betriebsleitung – eine Chance, die sich die Angestellte nicht entgehen ließ. Nach intensiver Einarbeitung kam sie in ihrer neuen Position bald gut zurecht. Die überwiegend sitzende Tätigkeit mit geregelten Arbeitszeiten kann die motivierte Hotelfachfrau mit ihrer Gesundheit gut vereinbaren. „Ansonsten wäre ich heute wohl arbeitslos“, so Frau Schmitt.

Mit dem Preisgeld des RheumaPreises hat Frau Schmitt noch keine konkreten Pläne. „Das kam so überraschend“, erklärt sie, „möglicherweise eine Reise mit meinem Mann“. Doch die Frage, warum sie teilgenommen hat beantwortet sie prompt: „Aus Anerkennung meinem neuen Chef gegenüber!“

Steffen Grandetzka

Steffen Grandetzka und Hennes & Mauritz

„Rheuma – das bekommen doch nur alte Leute“

Das war die erste Reaktion von Steffen Grandetzka, als er im Alter von 20 Jahren von seiner Erkrankung an Morbus Bechterew, einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung, erfuhr. Über dieses Erkrankungsbild wusste er bis dahin nichts. Welche schweren Konsequenzen Morbus Bechterew haben kann, wurde dem gelernten Einzelhandelskaufmann erst in der folgenden Zeit bewusst, denn schwere Rückenschmerzen machten ihm seine Arbeit als Verkäufer in einem Radsportgeschäft zunehmend unmöglich. Hinzu kamen Schwierigkeiten mit Vorgesetzten und Kollegen, die nur wenig Verständnis zeigten, als es zu Ausfallzeiten kam. „Rheuma – da bist du ja schon ein Opa“, ist nur ein Beispiel für die Bemerkungen seiner Kollegen, die voller Vorurteile waren, aber wenig Interesse für seine Gesundheit zeigten. Schließlich wurde ihm gekündigt – „betriebsbedingt“, doch Steffen Grandetzka vermutete wohl nicht zu unrecht, als Last gesehen zu werden, die man gerne los sein wollte.

Entmutigen ließ er sich von diesem Rückschlag aber nicht. Er suchte und fand nicht nur schnell eine neue Arbeitsstelle bei einem großen Modeunternehmen, sondern begann außerdem, sein Abitur an einer Abendschule nachzuholen. Bei seinem neuen Arbeitgeber, dem Unternehmen Hennes & Mauritz, verschwieg er seine Erkrankung zunächst – die schlechten Erfahrungen mit seinem früheren Arbeitgeber hatten ihn vorsichtig gemacht. Tapfer versuchte er die Schmerzen zu unterdrücken und nach außen fit und belastbar zu erscheinen. Doch die Krankheit forderte ihren Tribut. Entzündungen in den Kniegelenken kamen hinzu, was bei einem Beruf, der fast ausschließlich im Stehen und Gehen ausgeübt wird, nicht ohne Folgen bleibt. Der Vorgesetzte des Verkäufers wurde schließlich darauf aufmerksam, dass etwas nicht stimmt, und bat ihn zum Gespräch. Nun gab sich Steffen Grandetzka einen Ruck und trat die Flucht nach vorn an: Er informierte seinen Chef umfassend über seine Erkrankung und die damit verbundene Symptomatik. Die Reaktion des Vorgesetzten war diesmal anders: Er zeigte Verständnis und Interesse für die Situation seines Mitarbeiters. Gemeinsam wurden Lösungen gesucht und auch gefunden. Behindertengerechte Tätigkeiten und angepasste Arbeitszeiten ermöglichen es Steffen Grandetzka seitdem, den Arbeitsalltag zu meistern und sein Leistungsniveau zu halten. Sein Studium an der Abendschule, das er Mitte 2009 zu einem erfolgreichen Abschluss brachte, wurde ebenfalls aktiv gefördert. Auch die Kollegen, einmal informiert, behandeln ihren rheumakranken Kollegen als vollwertigen Mitarbeiter und nehmen Rücksicht auf seine besondere Situation. Gesundheitlich brachte die Umstellung auf ein neues Medikament schließlich eine deutliche Besserung.

„Das passt doch genau auf Sie“. Mit diesen Worten machte sein behandelnder Arzt Steffen Grandetzka Anfang des Jahres auf den RheumaPreis aufmerksam. Klar, dass der Einzelhandelskaufmann sich bewarb. „Andere Unternehmen sollen erfahren, dass Rheumakranke dem Unternehmen nicht schaden, sondern gute Arbeit leisten, wenn man etwas auf sie eingeht“, lautete seine Motivation zur Teilnahme. Sein Rat für andere Menschen mit Rheuma: „Immer offen mit dem Chef und den Kollegen reden, erklären, warum es einem manchmal nicht so gut geht“. Diese Einstellung und Motivation beeindruckte auch die Jury – der Gewinn des RheumaPreises war ihm sicher.

Vom erhaltenen Preisgeld will Steffen Grandetzka erst einmal mit seiner Freundin in den Urlaub fahren. Danach wird er an seinem nächsten beruflichen Ziel arbeiten: Er möchte Abteilungsleiter werden und beginnt dazu im kommenden Jahr eine interne Einarbeitung. Erfolg und Karriere sind also möglich – auch mit Rheuma.