RheumaPreis 2013

Im Folgenden stellen wir Ihnen die aktuellen sowie die Preisträger der vergangenen Jahre vor. Klicken Sie auf die Jahreszahl oder die Person, um mehr über unsere Preisträger zu erfahren.

Matthias Wiesner

Matthias Wiesner und Max Planck Gesellschaft

„Durch meine Erkrankung bin ich Berufsoptimist geworden“

erzählt Matthias Wiesner, Träger des RheumaPreises 2013. Nachdem er 20 Jahre als Steinmetz und Bildhauer gearbeitet hatte, bekam er die Diagnose Morbus Bechterew, eine entzündlich rheumatische Erkrankung. Die Schmerzen, die im Alltag sein ständiger Begleiter sind, hat er lange Zeit auf die körperlich harte Arbeit als Steinmetz geschoben - bis sich herausstellte, dass dies dieAuswirkungen einer chronisch-entzündlichen Erkrankung sind. Matthias Wiesner hat sich immer als dynamischen Mann, der sowohl viel arbeiten als auch 200 km Rennrad fahren kann, gesehen. Durch die Erkrankung war das nicht mehr möglich, selbst seinen Beruf musste er aufgeben. „Es war nicht leicht für mich, meine eigene Werkstatt aufzulösen und zu akzeptieren, dass ich körperlich nicht mehr so belastbar bin“, beschreibt er diese schwierige Zeit. Doch aufgeben kam für ihn nie in Frage. „Ich war schon immer ein Vielarbeiter. Zu arbeiten ist für mich sehr wichtig. Es geht nicht nur darum, meine Familie zu ernähren, sondern auch um Anerkennung, Selbstverwirklichung und Erfolg“, beschreibt der RheumaPreis-Träger, was Arbeit für ihn bedeutet.

Als feststand, dass er in Zukunft nicht mehr in der Lage sein würde, seinen bisherigen Beruf auszuüben, suchte er nach neuen Herausforderungen, machte eine Umschulung zum Mediengestalter und bewarb sich bei der Max-Planck-Gesellschaft. Bereits bei der Bewerbung war es ihm sehr wichtig, offen mit der Erkrankung umzugehen.

„Ich bin ein sehr gradliniger Typ. Es war mir wichtig, ehrlich zu sein und offen anzusprechen, was ich leisten kann und was nicht. Wenn ich daraufhin nicht eingestellt werde, dann ist das auch nicht der richtige Arbeitgeber für mich“

erklärt Matthias Wiesner. Diese Offenheit hat sich ausgezahlt, denn seit 2006 ist er in der Verwaltung des Max-Planck-Instituts in Tübingentätig. Die Arbeit dort im internationalen Umfeld und mit den vielfältigen Aufgaben bereitet dem 50-Jährigen viel Spaß. In dem kleinen Verwaltungsteam fühlt er sich integriert und geschätzt. Die Institutsleitung trägt mit unterstützenden Maßnahmen viel dazu bei, dass er sich optimal einbringen kann. So erleichtert ergonomische Arbeitsausstattung Herrn Wiesner die Tätigkeit und durch flexible Arbeitszeit kann er Arzttermine gut wahrnehmen. Um Wege zu verkürzen,wurden zwei benachbarte Büros, in denen Matthias Wiesner häufig zu tun hatte, zu einem Großraumbüro umgebaut. Die Kollegen haben Verständnis, wenn es ihm an manchen Tagen auch mal nicht so gut geht und bringen ihn durch witzige Kommentare zum Lachen. „Humor ist mir sehr wichtig, deshalb lebe ich mein Leben nach dem Motto: Geht nicht gibt’s nicht und ohne Humor geht gar nichts. Humor hilft mir, mit meiner Erkrankung umzugehen und auch schwierigen Situationen etwas abzugewinnen. Wenn man alles immer todernst sieht, vergisst man den Spaß am Leben“, sagt Wiesner.

Auch mit Morbus Bechterew versucht Matthias Wiesner, jede Sekunde seines Lebens zu genießen. In seiner Freizeit spielt er Kontrabass und geht regelmäßig zum Nordic Walking. „Man muss andere Schwerpunkte setzen, um ein glückliches Leben mit der Erkrankung zu führen. Bei mir sind es die Arbeit und meine Hobbys. Zwar sind die Schmerzen nicht verschwunden, wenn ich Kontrabass spiele, aber sie rücken in den Hintergrund. Ich bin immer noch krank, aber die Krankheit definiert nicht, wer ich bin“, stellt der RheumaPreis-Träger fest. Matthias Wiesner ist sehr glücklich, den RheumaPreis gewonnen zu haben und möchte seine Erfahrungen mit anderen Betroffenen teilen und ihnen Mut machen, positiv in die Zukunft zu schauen.

Karin Recker

Karin Recker und Deutsche Bank

Ein Leben ohne Rheuma – das kennt Karin Recker eigentlich gar nicht. Sie war sechs Jahre alt, als die Ärzte die Diagnose „Rheumatoide Arthritis“ stellten. Zu dem Zeitpunkt waren Schmerzen in den Knien und weiteren Gelenken ihr ständiger Begleiter. Doch dank der Unterstützung von Familie und Freunden ging sie weiter ihren Weg, bestand das Abitur, machte eine Ausbildung und ist inzwischen seit über 20 Jahren erfolgreich als Angestellte bei der Deutschen Bank tätig.

Dass dies möglich war, ist ihrer eigenen Beharrlichkeit ebenso zu verdanken wie der Unterstützung ihres Arbeitgebers. Bei ihrem Karrierestart kam ihr außerdem eine Initiative der Deutschen Rheuma-Liga zugute, die bei Unternehmen darum warb, Jugendliche mit Rheuma auszubilden – eines der teilnehmenden Unternehmen war die Deutsche Bank. Die Hamburgerin nutzte diese Chance und bewarb sich. „Als die Ausbildungsleiterin mich im ersten Gespräch fragte, ob ich mir einen achtstündigen Arbeitstag zutraue, war ich zunächst überrascht“, berichtet Karin Recker. „Damals war mir noch gar nicht klar, dass dies eine berechtigte Frage war.“ In einem zweiwöchigen Praktikum konnte sie den Arbeitsalltag kennenlernen und erproben, ob der Job mit ihrer Erkrankung vereinbar war. „Das Praktikum hat mir sehr gefallen und da alles gut verlief, habe ich dort eine Ausbildung begonnen.“

Die Deutsche Bank hat die neue Mitarbeiterin von Anfang an auf unterschiedliche Weise unterstützt. Nach der Ausbildung gehen die Absolventen normalerweise zunächst in eine Filiale, um das Kundengeschäft in der ganzen Vielfalt kennen zu lernen. Da dort hauptsächlich im Stehen gearbeitet wird, war dies für Karin Recker nicht möglich. Ihr Arbeitgeber ermöglichte ihr daher einen direkten Start in ihrer Wunschabteilung, der Kreditabteilung für Firmenkunden. Gleichzeitig wurden Arbeitsplatzveränderungen veranlasst, die ihr die Arbeit erleichtern, darunter die Anschaffung spezieller Ausstattung wie zum Beispiel eines elektrischen Tackers.

Wichtiger noch war aber für die Bankangestellte, dass sie während ihrer gesamten Laufbahn jederzeit moralischen Rückhalt erfuhr: „Von den verschiedenen Vorgesetzten und Kollegen wurde mir immer Verständnis entgegen gebracht. Ich fühlte mich nie unter Druck gesetzt und mir wurde auch kein schlechtes Gewissen gemacht, wenn ich mal erkrankungsbedingt gefehlt habe“, sagt Karin Recker. Auch die Umstellung auf Teilzeitarbeit, die sie sich vor einiger Zeit gewünscht hatte, stellte für die Bank kein Problem dar. Für die Anerkennung, die sie im Job erfährt, ist neben ihrem Engagement und ihren guten Leistungen sicher auch das freundliche Wesen von Karin Recker ausschlaggebend. Kollegen bewundern sie dafür, dass sie trotz Erkrankung immer fröhlich ist. Karin Recker ist für diesen Rückhalt dankbar: „Es sind immer die Menschen – Kollegen und Vorgesetzte – die einem das (Arbeits-)Leben leichter machen“, sagt sie. Der beispielhafte partnerschaftliche Umgang mit Rheuma beindruckte die RheumaPreis Jury, die Frau Recker und die Deutsche Bank Hamburg mit dem RheumaPreis 2013 ausgezeichnete. 

„Wer weiß, wozu es gut ist“ – das ist das Motto der Hamburgerin. 

„Die Erkrankung hat mir gezeigt, dass man allem Negativen auch immer etwas Positives abgewinnen kann. Ich habe durch meine Krankheit viele Menschen kennengelernt, die ich sonst nie getroffen hätte. Die Freundschaften zu anderen Menschen mit Rheuma sind eine große Bereicherung für mich.“

Die Preisträgerin wünscht sich für die Zukunft, dass sie noch viele Jahre weiterarbeiten kann und abgesehen von ihrer rheumatischen Erkrankung gesund bleibt.

Ulrike Gerlach-Klein

Ulrike Gerlach-Klein und Airbus Operations

„Man sollte sich nicht hinter der Erkrankung verstecken!“

– das ist die Überzeugung von Ulrike Gerlach-Klein. Die 52-Jährige erhielt schon vor 24 Jahren die Diagnose „Rheumatoide Arthritis“. Sie hat gelernt, mit der Erkrankung im Alltag zurechtzukommen. Mit ihrer Krankheit geht sie offen um und profitiert als Koordinatorin und Fallmanagerin im betrieblichen Eingliederungsmanagement von ihren eigenen Erfahrungen, wenn sie Menschen berät, die nach einem krankheitsbedingten Ausfall an den Arbeitsplatz zurückkehren. Ihre Entschlossenheit, mit der sie trotz Rheuma ihren beruflichen Weg gegangen ist, hat die RheumaPreis-Jury überzeugt: Sie gewinnt den RheumaPreis 2013.

Die rheumatische Erkrankung äußerte sich bei der damals 28-Jährigen mit starken Schmerzen in unterschiedlichen Gelenken – mal waren die Handgelenke betroffen, dann schmerzten die Fußgelenke, beim nächsten Mal waren es die Finger. Da die Bremerin leidenschaftliche Wassersportlerin war, schoben sowohl sie als auch die Ärzte die Schmerzen zunächst auf eine Überbelastung der Gelenke. Nur zufällig wurde die eigentliche Ursache entdeckt: Bei einem Krankenbesuch im Krankenhaus sah ein Arzt ihre geschwollenen Hände. Er riet ihr, sich auf Rheuma untersuchen zu lassen und behielt mit seiner Blickdiagnose Recht.

Zunächst konnte sie den Befund nicht einschätzen; erst nach und nach verstand sie, wie weitreichend sich ihr Leben ändern würde. Traurig und auch mit Wut im Bauch gab sie ihre Hobbys Surfen und Segeln auf. Schließlich akzeptierte sie die Veränderung und suchte sich neue Freizeitaktivitäten: Inzwischen träumt die passionierte Malerin von einem eigenen Atelier. Unterstützt wurde sie von Anfang an von ihrem privaten Umfeld, obwohl ihre Familie und Freunde mit der Dia-gnose wenig anfangen konnten. „Sie sahen mir die Schmerzen an, erlebten meine Einschränkungen im Alltag, aber mit dem Krankheitsbild „Rheuma“ verbanden sie hauptsächlich ältere Menschen.“

Im Beruf ging sie mit der Diagnose von Anfang an sehr offen um: „Da sich meine Symptome wie Bewegungseinschränkungen der Hände oder langsames Gehen nicht verbergen ließen, blieb mir auch gar nichts anderes übrig“, erklärt die RheumaPreis-Gewinnerin. Traten Probleme auf, so wurde gemeinsam nach Lösungen gesucht. In dieser Zeit  erinnerte sie ihr ehemaliger Chef regelmäßig  daran, Schonungsphasen einzulegen,  damit sie sich und ihren Körper nicht überanstrengt. Beeindruckt von ihrem Kampfgeist und ihrer Willensstärke schenkte er ihr ein Schild mit dem Aufdruck „NEVER GIVE UP“. „Der Spruch hängt noch heute  an meiner Bürotür und ist meine Orientierungshilfe an guten und an schlechten Tagen“, erzählt die Preisträgerin.
Auch in ihrem aktuellen Job bei AIRBUS wurden die Arbeitsbedingungen an ihre Erkrankung angepasst: Um Wege einzusparen, bekam sie einen Parkplatz in der Nähe ihres Büros, ihr Arbeitsplatz wurde mit einem höhenverstellbaren Schreibtisch und einem neuen Bürostuhl ausgestattet, zusätzlich erhielt sie einen Touch-Bildschirm und eine Spracherkennungssoftware sowie eine Tastatur mit besonders leichtem Anschlag – all diese Veränderungen erleichtern Ulrike Gerlach-Klein den Arbeitsalltag und sie betont: 

„Ich merke in vielen kleinen Gesten und daran, dass ich in dieser verantwortungsvollen Position arbeite, dass mein Arbeitgeber mir vertraut und voll und ganz hinter mir steht.“

Auch wenn Ulrike Gerlach-Klein im Arbeitsumfeld auf viel Verständnis gestoßen ist, hat sie auch hier festgestellt, dass der Irrglaube, dass Rheuma nur ältere Menschen trifft, weit verbreitet ist. „Viele machen sich über das Thema Rheuma und Arbeit keine Gedanken, weil sie sich gar nicht vorstellen können, dass rheumatische Erkrankungen Menschen im arbeitsfähigen Alter treffen“, erklärt die RheumaPreis-Gewinnerin. Als Preisträgerin möchte sie Botschafterin sein und aufklären, dass Rheuma Menschen jedes Alters treffen kann. „Chronisch kranke Menschen sind wertvolle Arbeitnehmer – oft bedarf es nur einiger weniger Anpassungen, um sie zu integrieren!“, betont die Bremerin.